Montag, 19. März 2012

Ein Wanderweg: Geschichte der Wälder Demokratie

Im Bregenzer Wald gibt es ein inhaltlich wohl einmaliges und überraschendes Touristikangebot, eine Wanderung "Geschichte der Wälder Demokratie". Sie baut auf einer besonderen Regionalentwicklung auf, die gerne heroisierend und wohl auch verkürzt als "Bauernrepublik" beschrieben wird.

Wanderung "Geschichte der Wälder Demokratie". Beginnend im Großdorf am Galgenhügel – durch den Wald abwärts nach Egg – Parzelle Mühle - Postamt/Ortsmitte Egg - links halten Richtung Andelsbuch - ca. 300 m geradeaus bis zur Fahrschule - rechts abbiegen zur Engelgasse - Parzelle Buchen - geradeaus - Parzelle Meisten und Gaß - weiter der Straße entlang zur Parzelle Wirth - St. Antonius Kapelle (Landammannsfeld) - geradeaus - Parzelle Ließen - Straße überqueren - auf dem Radwanderweg zum Bezegg-Stausee - Aufstieg entlang eines Bergbaches zur Bezegg-Sul - zum Bezeggpass (902 m) - dann Abstieg nach Bezau (historischer Hauptort des Bregenzerwaldes mit Gerichssitz, Kloster und Heimatmuseum) - ca. 3 Stunden Gehzeit.

Bauernrepublik. Die politische Struktur Vorarlbergs – etwa ab 1380 "Habsburger Land" ohne starken Lokaladel – ließ es zu, dass sich eine besondere Art der Selbstverwaltung der Bauernschaft des Bregenzer Waldes herausbilden konnte. Die Behauptung allerdings, dass lange bevor man in Mitteleuropa von moderner Demokratie sprechen konnte, die Bauern im Bregenzerwald eine alleinige Volksvertretung gebildet hätten, lässt sich so nicht halten. Weit von der Zentrale Feldkirch entfernt, erlangte der Innerbregenzerwald zwar als eigenständiges Gericht eine beträchtliche Autonomie nach außen hin, während die kleinräumigeren Gerichte Lingenau-Alberschwende und Sulzberg eng an Bregenz gebunden blieben. Als politischer Begriff reduzierte sich "Bregenzerwald" seit 1338 auf den zur Herrschaft Feldkirch gehörenden Gerichtssprengel des Innerbregenzerwaldes.

Als Vorsteher wurde eine Art Bürgermeister (Landamann) "gewählt", meist aus den angesehensten Familien des Bregenzerwaldes. Vom Jahre 1353 stammt auch der erste Hinweis, dass im Bregenzerwald ein Landammann regierte. Ammann und Räte wurden ursprünglich von der Herrschaft ernannt. Erst mit dem dem ausgehenden Mittelalter setzte sich deren Wahl durch die hausbesitzenden, der Gerichtsgenossenschaft angehörenden Männer in der Form des „Zulaufs“ durch: Die Kandidaten stellten sich an verschiedenen Punkten eines Platzes auf und die Wähler liefen dann auf ein Zeichen hin zum Kandidaten ihrer Wahl. Dieses recht spektakuläre Verfahren hatte allerdings auch Nachteile, immer wieder kam es zu Ausschreitungen, zu Prügeleien, zu Versuchen, andere Wähler gegen deren Willen zu einem bestimmten Kandidaten hinzuziehen. und auch von "geheim" war damit keine Rede.

Als eine Folge dieser regionalen Verfassungsstrukturen bildete sich in den Bregenzerwälder Gerichten eine verwandtschaftlich eng verflochtene Honoratiorenschicht aus, die das politische und soziale Leben der Talschaft durch Jahrhunderte bestimmte, die Amtsträger stellte. Eindrucksvollstes Beispiel des Repräsentationswillens dieser Ton angebenden Gruppe ist das Gebäudeensemble um den Dorfplatz von Schwarzenberg. Dort hat sich zudem ein Tanzhaus erhalten, das nicht nur als dörflicher Mittelpunkt für Festlichkeiten, sondern auch als Tagungsort des Gerichtes diente. In Bezau etwa fungierte der Gasthof zur "Gams" als Stammsitz des bis in den Grafenstand aufgestiegenen Zweigs der Landammannfamilie Feuerstein.

Das "Rathaus" des Landammannes befand sich auf der Bezegg, dem Pass zwischen Andelsbuch und Bezau. Hier wurde ein hölzernes "Haus", auf Säulen ruhend, errichtet, in dem die Angelegenheiten des hinteren Bregenzerwaldes beraten wurden. Die Aufhebung der "Wälderfreiheiten" und damit auch der Verlust dieser Selbstverwaltungsmöglichkeit ging mit dem aufgeklärten Herrscher Josepf II. zu Ende.

Bezeggsul. Das besondere - und an die Papstwahl erinnernd - an diesem Rathaus war, dass der Zugang über eine Leiter führte, welche während des Sitzungsverlaufes entfernt und erst nach Abschluss der Sitzung wieder angebracht wurde. Somit war die Ratsversammlung von der Außenwelt abgeschnitten, was zugleich eine psychologische Wirkung auf die Ratsherren, wie auch auf die gewünschte Effizienz gehabt haben dürfte. Es wurde 1807 unter bayrischer Herrschaft abgerissen. Die erste urkundlich erwähnte Sitzung auf der Bezegg scheint 1522 auf. 1871 wurde die Bezeggsul errichtet, ein Denkmal zur Erinnerung an das Rathaus auf der Bezegg und das heutige Wahrzeichen von Andelsbuch.


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